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Mischungsverhältnis 1:100 im Trabant P601

In anderen Foren, von Bekannten und Verwanden, vom jahrzehntelangem Trabant Werkstattmeister oder auch von alten Werksmitarbeiten bekommt man immer wieder empfohlen, möglichst viel Motorenöl ins Benzin zu schütten. Die Tipps reichen von 1:25 mit „Extra-Schwapp“ bis 1:33. Diese Empfehlungen sind allenfalls gut gemeint. Mit dem Stand der Technik und dem was gut für deinen Trabantmotor ist, hat das nichts gemeinsam!

Seit 1974, mit der Einführung der nadelgelagerten Kolbenbolzen, betrug die Werksangabe 1:50. Ein Teil Öl sind mit 50 Teilen Benzin zu mischen.

Was hat sich nun seit dem verändert, dass wir weniger Öl beimischen können und sollen?

Um das herauszufinden, ist es sinnvoll, die Entwicklungsgeschichte des Trabantmotors anzuschauen. Dazu möchte Ich Peter Kirchberg aus seinem Buch "Plaste, Blech und Planwirtschaft" zitieren. Dabei können wir gleichzeitig viel über den Einfluss des Öls im Trabantmotor erfahren.

An dieser Stelle möchte ich das Buch "Plaste, Blech und Planwirtschaft" allen IFA-Fans und/oder DDR-Interessierten wärmsten ans Herz legen. Hier ist es zu erwerben: https://amzn.to/2CmMVxm

Zitat Peter Kirchberg aus seinem Buch "Plaste, Blech und Planwirtschaft":

… Als die ersten zehn Funktionsmuster-Motoren aufgelegt wurden, traten Forschungs- und Entwicklungswerk (FEW) und das Motorenwerk, die benachbart waren, in Entwicklungskontakt. Einen „Schönheitsfehler“ des Motors war der deutlich über den Durchmesser der Hubscheiben hinausragende Drehschieber. Auch wenn durch einen lösbaren Flachdrehschieber Abhilfe geschaffen wurde, so bleibt das nicht mehr vermeidbare Einarbeiten des relativ dünnen Drehschieberblechs in die Mitnahmestifte und sorgte für jenes typische Geräusch, das beim Abstellen des Motors und bei der auspendelten Bewegung der beiden Kolben in eine Mittelstellung entstand. Trotz verschiedener Bemühungen, diese Geräuschbildung zu beseitigen, waren die Erfolge nicht überzeugend.

Ebenfalls von Anfang an litt der Motor unter thermischen Schwierigkeiten im Kolben-Zylinder-Komplex. Die Kolbenringe brannten fest und Kolbenklemmer waren die Folge. Die Vergrößerung des Einbauspiels führte wiederum zu „Mohrenköpfen“ und entsprechenden Kolbengeräuschen. Anfänglich waren zwar Aluminium-Zylinder mit Hartverchromung oder Zylinder mit Alu-Umguss vorgesehen, doch war die Zulieferindustrie nicht in der Lage, erprobte und funktionstüchtige Technologien dafür zu entwickeln. Demzufolge blieb vorerst nur der Graugusszylinder.

Das erste, quasi handgestrickte Muster des Kleinwagens P 50 war schon im Juni 1954 auf die Räder gestellt worden. Zwickau hatte inzwischen den P 70 vorgezogen, was im Sinne der Entwicklung durchaus begrüßenswerte Entscheidung war. Das Motorenwerk Karl-Marx-Stadt wurde von der überraschenden Auftragsübergabe für den Trabantmotor relativ unvorbereitet getroffen. Ein später verfasster Bericht des damaligen Chefkonstrukteurs im Motorenwerk, Kurt Weber, an die Brigade des ZK der SED (April 1959) zählt rückschauend die Probleme auf.

„Dem Motorenwerk wurden zur Fortführung der Versuche eine Wasserwirbelbremse, ein Ingenieur und drei Monteure übergeben. Durch die beschränkten räumlichen Verhältnisse musste die Abteilung in einer Wagenwasch-Box untergebracht werden, in der sie bei primitivsten Arbeitsverhältnissen ohne die erforderlichen Versuchseinrichtungen bis zur Erstellung des neuen Versuchsgebäudes Anfang Mai 1957 arbeiten musste. Für die Fahrzeuge P 2 M und und P 2 S hatte das Motorenwerk gleichzeitig erhebliche Leistungen zu erbringen, damit im benachbarten Fahrzeugwerk Karl-Marx-Stadt im gleichen Jahr die Produktion auf Anordnung des Ministers beginnen konnte. Durch diese plötzliche Produktionsaufnahme eines noch nicht serienreifen Wagens konnte die Entwicklung des Triebwerkes P 50 nicht mit der erforderlichen Dringlichkeit bearbeitet werden. Dazu kam, dass die Entwicklung des Motors durch das Festbrennen der oberen Kolbenringe stark gehemmt wurde. Es sollten zur Beseitigung Versuche mit Alfer-Zylindern durchgeführt werden. Trotz intensiver Mitarbeit des Zentralinstitutes für Gießereiwesen war es nicht möglich, derartige Zylinder mit einer brauchbaren Bindung herzustellen. Da auch keine Aussicht auf Erfolg dieses Gießverfahrens bestand, wurden Mitte 1956 die Versuche damit abgebrochen. Dadurch ist über ein Jahr Entwicklungszeit erfolglos verstrichen.“

Zur selben Zeit wurden vom VEB Automobilwerke Zwickau Versuche mit einem Vergleichsfahrzeug vom Typ Lloyd LP 400 S gefahren. Für die Gemischschmierung wurde Shell-Öl verwendet. Eine Sichtkontrolle nach 5 000 km ergab ein einwandfreies Kolbenbild. Danach wurden die gleichen Versuche mit diesem Öl am Trabantmotor durchgeführt. Das Ergebnis war erstaunlich. Die „Mohrenköpfe“ waren besiegt, die Kolben zeigten ein völlig normales Bild. Als man diese Versuche beim Lloyd LP 400 mit Öl aus der DDR wiederholte, ergab nach wiederum 5 000 km die Kontrolle, dass sich die Koben in „Mohrenköpfe“ verwandelt hatten. Damit war der Nachweis für eine Ursache der Schwierigkeiten mit diesem Motor erbracht. Dieser Vergleichsversuch war Anlass, mit Nachdruck von den DDR-Ölherstellern eine weitaus bessere Qualität zu fordern. Die Schmierung des Zweitaktmotors erfolgte durch Zusatz von Öl zum Kraftstoff zunächst 1:20 (1 L Öl auf 20 L Kraftstoff). Um die erhebliche Abgasfahne zu mindern, musste der Ölanteil verringert werden. Dazu wurde vom Hydrierwerk Zeitz ein Zweitakt-Motorenöl unter Verwendung eines aus Matzen in Österreich bezogenen Grundöls entwickelt. Damit ließen sich Mischungsschmierungen von 1:25 und 1:33 erreichen. Im Zuge der Importablösungen musste Zeitz Ende der fünfziger Jahre den Zusatz auf aus der Sowjetunion angeliefertes Öl umstellen. Bereits auf dem Prüfstand ließen sich dabei erhebliche Schwierigkeiten erkennen. Kolbenringe brannten fest und der Auslasskanal wurde mit Ölkohle zugesetzt. Glühzündungen und starke Belagbildungen sogar im Spülkanal waren die Folge. Augenzeugen berichten, dass nach Verwendung des aus der Sowjetunion importierten Mareschkino-Öls die Kurbelwellen aussahen wie schwarz lackiert. Das Grundöl wurde immer schlechter und sackte in der Qualität immer weiter ab: von Matzen über sowjetisches Erdöl bis zum Braunkohlenschwefelteer, aus dem zuletzt das Zweitaktöl herausgefiltert wurde.

Die größte Bedeutung hatten die Additive, von denen die wirksamsten aus dem Westen importiert werden mussten. Die Bereitschaft, dafür Valuta-Mark auszugeben, war von Regierungsseite sehr gering, da dieses Öl ja nur „verfeuert“ wurde, ohne dass daraus noch Gegenwerte hätte gewonnen werden können. Deswegen gelangte auch die letzte Entwicklung, das Öl MZ 33, nicht zur Serienreife, denn Import-Additive standen hierfür nicht mehr zur Verfügung. Immerhin waren damit aber Mischungsverhältnisse von 1:66 auf Rundstreckentest klaglos bewältigt worden. Dieser Wert galt übrigens intern als zulässiger Grenzwert, ohne dass er zur Serie freigegeben war.

Dem Grundöl wurde bereits beim Hersteller, im Hydrierwerk Zeitz, die sogenannte Vormischkomponente von etwa 15 Volumenprozent beigegeben, um die Selbstmischungsfähigkeit mit dem Kraftstoff zu sichern. Diese Komponente bestand aus minderwertigen Kohlenwasserstoffen, die in erster Linie für das Klingelverhalten und den stechenden Geruch der damit betriebenen Motoren verantwortlich waren. Gegen alle Einsprüche der Enwicklungsingenieure im Fahrzeugbau, denen die wahre Zusammensetzung des Öls immer verborgen blieb, waren die Hydrierwerke nicht bereit, auf diese Vormischkomponente und damit auf die so günstige Möglichkeit gewinnbringender Verwertung von Abfallprodukten zu verzichten.

Zitatende

Peter Kirchberg beschrieb die durch Öl zerstörten Trabantkolben als „Mohrenköpfe“. Damit sind abgefressene Kolbenränder gemeint. Erfahrene Trabantschrauber haben dieses Phänomen oft genug gesehen, auch heute noch. Wir haben aus dem Auszug diese Buches erfahren, welchen negativen Einfluss das Öl auf den Motor hat und ebenfalls, dass dieser Einfluss sehr stark auf die Ölqualität und Menge zurückzuführen ist. Weiterhin stinkt das Öl, belastet die Umwelt und kostet Geld.

Daraus kann man eindeutig und zweifelsfrei schlussfolgern, das wir so viel Öl mischen, wie zum schmieren benötigt wird, aber keinen Tropfen mehr.

Wie viel Öl wird nun heutzutage für eine ausreichende und sichere Schmierung benötigt? Ab 1974 lautete die Werksvorgabe 1:50. Das DDR-Öl hatte eine miese Qualität, wie wir erfahren haben. In dieser Werksvorgabe waren weiterhin noch schlechtere Qualitäten aus dem Osteuropäischen Ausland (Rumänien, Polen, UDSSR etc.) kalkuliert. Mit dem Fall der Mauer 1989 stand nun schlagartig eine deutlich verbesserte Ölqualität zur Verfügung, welches es uns ermöglicht, weniger Öl zu mischen. Seitdem sind nun 30 Jahre vergangen und man kann davon ausgehen, dass die Qualität sich weiter verbessert hat.

Nachdem ich nun seit Jahren die Ölmenge mit billigem deutschen Mineralöl Schrittweise bis 1:100 (OHNE extra Schwapp ;) ) reduziert habe, kann ich durchweg nur von positiven Erfahrungen berichten. Den Denk-Anstoß zu meiner Vorgehensweise bekam ich vor einigen Jahren durch dass genannte Buch. Der AHA-Effekt lies nicht lange auf sich warten. Zu einem späteren Zeitpunkt ist mir eine Flasche Zweitaktöl in die Hände gefallen, auf der bereits ein Mischungsverhältnis von 1:100 angegeben war. Es war vollsynthetisches Öl. Additive im Öl verbessern die Eigenschaften des Öls weiter (Verschleißschutz, weniger Ölkohle etc.) und ermöglichen eine weitere Reduzierung des Mischungsverhältnisses. Zusätzlich zu der bereits beschriebenen deutlichen Qualitätsverbesserung des Mineralöls wird bei Verwendung eines vollsynthetischen Öls wieder weniger gegenüber mineralischem Öl und somit der Werksvorgabe benötigt. Das bedeutet, dass man mit 1:100 bei Verwendung vollsythetischen Öls ausreichend Reserven hinsichtlich der Schmierung hat. Probiert es aus! Euer Motor wird sich freuen und mit einer teils deutlich verlängerten Haltbarkeit bedanken. Klingelneigung und Abgasfahne wird sich deutlich reduzieren. Motor- bzw. Leistungsklingeln kenne ich persönlich generell nicht mehr. Mit voll- oder teilsynthetischem Öl kann man sicher 1:100 Mischen. Wer billiges Mineralöl mischt, der macht einen „extra Schwapp“ dazu und ist mit 1:70 dicke auf der sicheren Seite. Es macht in jeder Hinsicht KEINEN Sinn mehr Öl beizumischen, als bereits vor 40 Jahren ab Werk angegeben wurde.

Ralf Langer